ÜBER SPRACHE

Donnerstag, 25. September 2014

In China wird mit Bildern geschrieben?

09:19 Posted by uebersprache , , , 1 comment
Dieser Mythos scheint sich immer noch zu halten…  – Kein Wunder, wenn man von der Presse auch so schöne Beispiele wie: – mù (Baum) oder – yuè (Mond) vorgesetzt bekommt, die in älteren Formen sogar noch wie ein Baum und ein Mond aussahen. Diese Zeichen sind in gewisser Weise Bilder – sogenannte Piktogramme. Aber kann man eine ganze Sprache nur in Bildern schreiben?

Chinesisch in Lang- und Kurzzeichen
Quelle: Wikipedia
In der heutigen chinesischen Schrift machen diese piktographischen Zeichen, genau wie ideographische Zeichen (also Zeichen, die abstrakt auf ein Begriff verweisen wie – shàng (oben) oder - sān (drei)) jedoch einen geringen Prozentsatz aller Zeichen aus. Viel produktiver war die Methode, eine Bedeutungskomponente mit einer phonetischen Komponente zu kombinieren, sodass die Aussprache einigermaßen abgelesen werden konnte und gleichzeitig ganz grob die Semantik vorgegeben wurde. Ca. 90% der Schriftzeichen entstanden nach dieser Methode. So steht – mā zum Beispiel für Mutter und enthält die Bedeutungskomponente - nǚ (Frau) und die Aussprachekomponente – mǎ (Pferd), die semantisch offensichtlich keinen Wert hat. Auch hier sind die eigentlichen „Bilder“ noch klar zu erkennen, jedoch kann nicht behauptet werden, dass ein Zeichen ein Bild ist!
Vielmehr steht jedes chinesische Zeichen für ein Morphem, das im Mandarin-Chinesischen auch jeweils nur aus einer Silbe besteht. Daher kann man auch von einer morpho-syllabischen Schrift sprechen. Und dabei verweist das Zeichen nicht – wie oft behauptet, primär auf die Bedeutung, also auf ein Objekt oder ein Konzept, sondern wie die meisten Schriften auf eine lautliche Einheit (hier eine Silbe inklusive Ton).

Wörter werden im modernen Mandarin-Chinesisch häufig aus mehr als einem Morphem/Schriftzeichen gebildet, was auch mit der großen Anzahl an Homonymen unter diesen Morphem-Silben zusammenhängt. 

Dienstag, 23. September 2014

Wenn Sätze gespalten werden

07:17 Posted by uebersprache , , No comments
Es gibt einige Strategien in den Sprachen der Welt, bestimmte Elemente zu fokussieren. Mal durch Intonation, mal durch Passivkonstruktionen oder auch durch Satzstellung. Fokus ist wichtig, um die entscheidende Information in einem Satz zu markieren und daher eine Kategorie, die auf die eine oder andere Art wahrscheinlich in allen Sprachen zu finden ist.

Um zu fokussieren werden Sätze manchmal sogar gespalten. Dieses Phänomen heißt Clefting, ist in einigen Sprachen zu finden und kann auch im Deutschen auftreten:

„Es ist die Sprache, die wir studieren.“

Was passiert hier genau?
Eigentlich könnte der Satz etwas simpler „Wir studieren die Sprache“ heißen. Das hervorgehobene Objekt „die Sprache“ wird jedoch abgespalten und in einem Hauptsatz zum Subjekt gemacht. Die restliche Information wird in einen Relativsatz gepackt, der das Subjekt näher beschreibt. So wird „die Sprache“ in der Hierarchie weit hochgestellt.
Im Deutschen benutzt man dafür meist die Formel:

„Es“ – fokussiertes Element – Kopula –  , – Relativpronomen – restlicher Satz

Der Satz mag ein wenig künstlich oder altmodisch klingen, Cleft-Konstruktionen sind aber in anderen Sprachen, wie dem Englischen um einiges produktiver und haben verschiedenste Ausprägungen.

So ist im Yorùbá (Niger-Kongo, Westafrika) ein Cleftsatz bei Ergänzungsfragen obligatorisch. – Das Fragewort wird fokussiert und genauso in der Antwort der Satzteil, der erfragt worden war.

ni
o
fẹ́?
Was
COP
2SG
wollen

Was willst du?

Eigentlich ziemlich logisch, oder? Dass in der Regel bei Fragen das Fragewort im Fokus steht, sieht man auch an der initialen Satzstellung im Deutschen: „Wann stehst du auf?“


Mittwoch, 17. September 2014

Eine Schrift zum Schnellschreiben

06:05 Posted by uebersprache , 1 comment
Quelle: Wikipedia
Sehr aus der Mode gekommen, aber trotzdem ziemlich interessant: 
Die Stenographie.

Schon im alten Griechenland und im römischen Reich bestand anscheinend der Bedarf an einer Schrift, die mit dem natürlichen Redefluss Schritt halten konnte. Und so wurden immer kompaktere Kürzel für mehr und mehr häufig verwendete Wörter entwickelt, die im Gericht oder bei wichtigen politischen Ereignissen das protokollieren erleichterten. Das Prinzip wurde über die Jahre weiterentwickelt und so brachte Franz Gabelsberger 1834 sein „kursives“ Stenographie-System heraus, das Grundlage für die noch heute benutzten Formen ist und auf dem Prinzip der Schreibschrift basiert. – Es wird also ein Wort geschrieben ohne den Stift abzusetzen. Auch Faulmanns Phonographie, die ich hier schon erwähnt hatte, ist durch das Gabelsberger System inspiriert worden.

Wie funktioniert nun Stenographie?

Zunächst gibt es das einfache Alphabet, bei dem alle Konsonanten und häufige Konsonantenverbindungen ein Zeichen haben:


Verbindet an sie zu Wörtern, gibt die Verbindung zwischen diesen Konsonanten-Zeichen die Art des Vokals an. Dabei ist Strichdicke, Abstand und Höhe des folgenden Zeichens entscheidend. Die Dicke wird durch einen weichen Bleistift erreicht:


Zusätzlich zu diesem Alphabet können mehrere Stufen an Verkürzungen gelernt werden, die den Schreibfluss mehr und mehr erleichtern. Parlamentsstenographen, die tatsächlich den natürlichen Sprechfluss aufzeichnen können, entwickeln ihre eigenen Kürzel, um eine maximale Geschwindigkeit zu erreichen. Diese Aufzeichnungen sind daher nur persönlich zu entziffern.
Kürzel können sowohl häufig vorkommende Prä- und Suffixe, Partikel oder ganze Wörter beinhalten und sind daher sprachspezifisch zu erlernen:


An Attraktivität hat die Stenographie leider verloren, da andere digitale Aufzeichnungsmöglichkeiten die Schnellschrift ablösen und der hohe Lernaufwand nur noch selten in Kauf genommen wird. Ich hatte mir diesen Aufwand gemacht und profitiere davon vor allem beim Schreiben von Notizen und in der Universität, auch wenn ich während des Lernens früher nicht daran gedacht hatte, dass ein Großteil der Vorlesungen einmal digital aufgezeichnet werden würde.

Die Beispiele außer das erste lange Bild zeigen das System Stolze-Schrey, das noch heute in der Schweiz benutzt wird, dem aber das gleiche Prinzip wie das der deutschen Einheitskurzschrift zugrunde liegt. Für mehr Infos: Hier.


Samstag, 13. September 2014

Was spricht man eigentlich in... MYANMAR?

Man hat schon von so einigen Ländern gehört, weiß vielleicht ungefähr, wo sie liegen könnten, aber weiß man auch, was dort gesprochen wird? Meistens nicht. Auf diese Wissenslücken möchte ich gerne eingehen, indem ich in unregelmäßigen Abständen auf die Sprachsituation eines Landes oder einer Region eingehe.

Zunächst einmal sollte man sich klar machen, dass die häufig anzutreffende Idee eines Staates mit genau einer Sprache, der Idee von sogenannten Nationalstaaten, praktisch nicht existiert. Weder in Ländern, die durch die Kolonisation entstanden sind, noch hier in Europa oder woanders auf der Welt. Wer trotzdem einen Staat kennt, in dem nur eine Sprache gesprochen wird, möge mir das bitte in den Kommentaren mitteilen.

Quelle: Wikipedia
Und so wird auch in Myanmar nicht nur eine Sprache gesprochen.
Politisch gesehen gibt es nur eine Amtssprache, die auch die meistgesprochene Sprache des Landes ist: Die Sprache der Birmanen mit einer Sprecherzahl von 32 Mio. (ethnologue)
Vielleicht klingelt’s nun bei einigen, denn Myanmar ist auch unter dem Namen Burma oder Birma bekannt. Sogar ein Ast der Sino-Tibetischen Sprachfamilie (Burmesische Sprachen) ist nach dieser Ethnie benannt.
Falls einige noch immer nicht wissen, was oder wo Myanmar ist: Das Land liegt in Südost-Asien, östlich von Indien, südlich von China und westlich von Thailand. Bekannt ist das Land leider vor allem für die Militärjunta, jedoch soll es auch ein perfektes Reiseziel abgeben.
Quelle: Wikipedia

Birmanisch ist wie die meisten Sino-Tibetischen Sprachen analytisch, ist außerdem eine SOV-Sprache, hat Töne und eine eigene Schrift, die so aussieht:  မြန်မာအက္ခရာ
Die Schrift hat ihren Ursprung in der Brahmi-Schrift, aus der viele indische Schriften entstanden sind. Wie die indischen Schriften ist sie eine sogenannte Abugida, bei der jeder Konsonant, der ohne Vokalzeichen geschrieben wird, ein a gelesen wird.
Die größte Minderheit in Myanmar stellen die Shan im Osten von Myanmar dar. Anders als das Birmanische ist die Shan-Sprache eine Tai-Kadai-Sprache und damit verwandt mit dem benachbarten Thai. Sie wird von ca. 3,2 Mio. Personen gesprochen. (ethnologue)
Auch Mon-Khmer-Sprachen sind in Myanmars Osten zu finden. So sprechen zum Beispiel insgesamt über 500.000 Personen dort eine der drei Varietäten von Palaung.

Zusammen werden 117 Sprachen in Myanmar gezählt.

Freitag, 5. September 2014

Carl Faulmann und die Schrift

06:13 Posted by uebersprache , No comments
Ein ganz besonderes Buch zum Schmökern bei mir zu Hause heißt „das Buch der Schrift“ und ist ein Sammelwerk an Alphabeten. Nach kurzer Recherche fand ich heraus, dass dieses Buch, das in meinem Fall vom Flohmarkt stammt, noch immer unverändert publiziert wird. Und das, obwohl diese zweite Auflage schon 1880 veröffentlicht wurde.

Quelle: Wikipedia
Quelle: Wikipedia
Faulmann trug die Alphabete der verschiedenen Kontinente mühsam aus Fachzeitschriften, Grammatiken und Reisebeschreibungen zusammen und erreichte somit eine Vollständigkeit, die noch heute wert ist gedruckt zu werden. Besonders interessant ist das am Anfang erklärte „Standard-Alphabet“ – entwickelt von Karl Richard Lepsius zur einheitlichen Beschreibung der Laute und zum Transliterieren von Schriftsystemen. Dieses Alphabet ist also ein früher Vorläufer der IPA!
Sein eigener Beitrag ist das von ihm entwickeltes Stenographie-System „Phonographie“ Diese Schnellschrift soll erstmals komplett auf Orthographie verzichten und macht relativ feine Lautunterscheidungen.


Das Buch enthält neben den wichtigsten Alphabeten der Welt auch unbekanntere Schriften, Abkürzungen, Ligaturen und Symbole - begleitet von Kommentaren, die das Schriftsystem erklären und einen kurze Beschreibung zum Volk und zur Verwendung enthalten. So können unter anderem das griechische, armenische, amharische oder kambodschanische Alphabet, chinesische Schriftzeichen, Indische Silbenschriften, aber auch Kuriositäten wie das Mormonen-Alphabet entdeckt werden, das Faulmann sehr direkt kommentiert:

„Das obige, ganz willkürlich gebildete und speciell für die englische Sprache erfundene Alphabet hat offenbar keinen anderen Zweck, als durch die Fremdartigkeit der Zeichen die Täuschung zu verstärken, welche bei leichtgläubigen Gemüthern mit MORMON’S Buch beabsichtigt wurde.“


Ein Blick ins Buch ist auf jeden Fall zu empfehlen, weswegen dieses Fundstück auch sofort auf meine Bücherliste gesetzt wird.

Montag, 1. September 2014

Über die Herkunft von Wörtern

Woher kommen bestimmte Wörter? 
Was haben sie ursprünglich bedeutet?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Etymologie.

Sie geht dem Ursprung von Wörtern auf den Grund, zeigt, aus welcher Sprache sie vielleicht entlehnt wurden, wie sich Bedeutung verschoben hat und wie Entsprechungen in anderen Sprachen aussehen. Die Erforschung der Wortherkunft hilft uns, Bezeichnungen besser zu verstehen und ihre gesellschaftlichen Hintergründe zu erkennen. Etymologie ist quasi die Geschichte der Form und Bedeutung eines Wortes.

Woher ein Wort genau kommt, kann in einem sogenannten etymologischen Wörterbuch nachgeschlagen werden. Da wahrscheinlich nicht viele ein solches besitzen, kann ich für das Deutsche das

empfehlen, das nicht nur aus einem herkömmlichen Wörterbuch besteht, sondern auch die Ergebnisse des etymologischen Wörterbuchs anzeigt.
Wenn man zum Beispiel „Weib“ eingibt kann man sehen, dass das Wort mit englisch „wife“ verwandt ist, auch wenn die Bedeutung leicht verschoben ist

Leider noch nicht gelesen, aber vielversprechend zum Schmökern: Das kleine Etymologicum von Kristin Kopf